EMS-Training kritisch betrachtet

Heute berichte ich über die Vor-und Nachteile eines immer stärker werdenden Trends auf dem Fitnessmarkt: dem EMS-Training

WAS ist EMS-Training?

EMS steht für “Elektromyostimulation”, sprich die Stimulation eines Muskels durch Strom.

Diese Art der Muskelstimulation wurde bereits während des 2. Weltkriegs im Zuge von Reha-Maßnahmen eingesetzt und wurde auch die vergangenen Jahrzehnte primär im physiotherapeutischen Bereich und Spitzensport angewandt.

Während einer EMS-Einheit werden Stromimpulse von außen in unterschiedliche Muskelpartien geleitet. Dadurch wird der Muskel kontrahiert (angespannt) und wieder entspannt. Ein Muskelaufbau-Effekt stellt sich ein, ohne dass der Mensch zusätzlich etwas tun muss (außer ggf. gezielt dagegen anzuspannen).

Seit einigen Jahren findet das EMS-Training mehr und mehr Aufmerksamkeit im Breitensport – etliche EMS-Studios sprießen wie die Pilze aus dem Boden – für jedermann frei zugänglich.

 

WELCHE VORTEILE bringt EMS-Training?

– Ein EMS-Training bietet sich bestens bei Reha-Trainings und im physiotherapeutischen Bereich an. Patienten höheren Alters oder normalen Patienten mit muskulären Problemen können durch den Stromimpuls von außen einen Muskelaufbau bzw. Muskelerhalt erzielen und dadurch passiv trainieren.

– durch den Reizstrom von außen können besonders gut die kleinen, stabilisierenden Muskelzellen entlang der Wirbelsäule erreicht und gestärkt werden, was sich gerade bei muskulären Defiziten im Rückenbereich positiv auswirkt.

– auch schwer anzusteuernde Muskelpartien wie die Beckenbodenmuskulatur können gut durch EMS trainiert werden.

– ein EMS Training nimmt i.d.R. nicht viel Zeit in Anspruch (abgesehen von der recht aufwändigen Vorbereitungsphase, das Befeuchten der Elektroden bzw. der Kleidung sowie das Anlegen der speziellen Westen und Elektroden-Gürtel ).

 

WELCHE NACHTEILE UND GEFAHREN bringt das EMS-Training mit sich?

– mit Reizstrom aus der Steckdose ist grundsätzlich nicht zu spaßen. Die korrekte Dosierung sollte nur von gut ausgebildetem Personal eingesetzt werden – doch dies ist in der heutigen Zeit der Massenvermarktung EMS nicht mehr gegeben.

– durch den verhältnismäßig hohen Stromimpuls von außen verlernt unser Körper, dass unsere körpereigenen Stromimpulse ausreichen, um beispielsweise eine Hand kontrolliert und langsam zu bewegen. Unsere körpereigenen Stromimpulse werden quasi vom äußeren, viel zu hohen Reizstrom überdeckt und „betäubt“. Daher können im Alltag filigrane Bewegungen z.B. der Handmuskulatur kritisch werden. Oft geht dieses Problem mit einem dauerhaften, kribbelnden Gefühl in der Hand einher.

– durch die intensive, muskuläre Belastung durch den Reizstrom wird in einzelnen Trainingseinheiten eher Muskulatur zerstört als aufgebaut. Dies kann im Blut durch den sogenannten CK-Wert belegt werden. Stark erhöhte und schädliche CK-Werte werden i.d.R. nur nach Marathonläufen o.ä. Belastungen gemessen werden. In Folge dessen kann die Niere Schwierigkeiten bekommen, die Abbauprodukte der Muskeln zu verstoffwechseln. Im schlimmsten Fall droht ein Organversagen

 

FAZIT:

Meiner Meinung nach, sollte das EMS Training ausschließlich im Reha-Bereich bzw. im Spitzensport – und auch dort nur als eine Ergänzungseinheit – Verwendung finden.

Die schlauen Werbesprüche der EMS-Anbieter, welche suggerieren sollen, dass allen Ernstes 20 Minuten Training die Woche reichen sollen, sind langfristig gedacht irreführend und schlimmsten Falls gesundheitsgefährdend. Von einem ganzheitlichen oder gesunden Trainingskonzept kann keine Rede sein.

Wenn die Natur gewollt hätte, dass wir von außen Strom in unseren Körper leiten oder auf vibrierenden Platten stehen sollen, hätte sie uns eine körpereigene Steckdose gleich mit geliefert.

Wann beginnt der Mensch sich wieder daran zu erinnern, dass etliche Stunden des  Sitzens pro Woche nicht durch 20 Minuten fragwürdiges Stromtraining ausgeglichen werden kann? Nicht umsonst haben wir in der Regel 2 gesunde Arme und Beine. Richtig, damit kann man sich zum Beispiel in der Natur unter freiem Himmel fort bewegen. Wir sind nicht dazu gemacht, an der Steckdose zu stehen. Etwas Sauerstoff im Freien und natürliche Bewegungsabläufe sind da schon eher angedacht.

Und um das Zeit-Argument zu entkräften: mit einem klassischen Ganz-Körper-Workout wie Tabata und Co., Bergsprints mit Liegestütz, Burpees und Ausfallschritten lassen sich ebenfalls in nur 20 Minuten alle Körperregionen ganzheitlich trainieren. Und als zusätzlichen Bonus wird in einem intensiven 20-Minuten Workout noch die Fettverbrennung extrem angekurbelt, im Freien der Vitamin D Speicher gefüllt, der Körper mit Sauerstoff versorgt und die Ausdauer nachhaltig verbessert.

Warum also immer kompliziert und körperzerstörend technisch modern, wenn es auch einfach und gesund geht? Wirklich nur weil Marketing-Sprüche uns Sportlichkeit, Schönheit und Fitness mit Minimal-Aufwand versprechen? Dann sollte es Zeit werden, dass der Reizstrom wieder einige unserer Hirnareale reaktiviert…

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