Wie Stress unseren Körper verändert

Aus der Reihe: „Schnelle Welt“ ( Teil 1 von 3 )

 

Der Wecker klingelt. Gerade einmal 5 Stunden geschlafen. Der erste Blick – noch im Bett liegend – geht auf das Smartphone. Die neusten Nachrichten werden im Halbschlaf überflogen, Emails gelesen. Während einem schnellen Kaffee werden die ersten Termine koordiniert, SMS geschrieben. Auf der Fahrt zur Arbeit Stau – wieder mal. In der Arbeit endlich angekommen, schnell in das erste Meeting hetzen. Wann habe ich dazwischen Zeit zu frühstücken?

 

Was ist eigentlich Stress?

In psychoanalytischen Studien wurde bewiesen, dass jeder Mensch von Grund auf einen unterschiedlich großen „Akku zur Stressresistenz“ mitbringt. Während Person A mit Stress im OP oder in einem Kindergarten problemlos umgehen kann, scheitert Person „B“ bereits daran, zwei Termine in der Woche koordiniert zu bekommen. Diese individuelle Stresstoleranz müsste theoretisch berücksichtigt werden, trifft im Alltag jedoch nur selten auf Verständnis.

Stress wird in unserer Alltagssprache sehr unscharf verwendet, beschreibt aber in aller Regel Belastungssituationen, Anforderungen und Überforderungen. Kommt der Begriff ursprünglich aus dem Lateinischen von „strictus“, was so viel wie „Engpass“ bedeutet, ist es heute der wortgewaltige Auslöser von erhöhten Pulsfrequenzen, Bluthochdruck, Hormonveränderungen, Muskelanspannungen oft in Verbindung mit Spannungskopfschmerzen, Rückenschmerzen, Schweißausbrüchen, Zittern und Vielem mehr.

Die Stressforschung der letzten Jahrzehnte hat dabei belegt, dass Stress und chronische Belastung zu einer Vielzahl psychischer und physischer Beeinträchtigungen, wie beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen kann.

Körperliche Beschwerden können also ein Indikator für seelische Missstände sein. Diese gilt es zu finden, zu akzeptieren und zu optimieren.

Wie entsteht Stress?

Wenn die eigene Stresstoleranzgrenze überschritten wird

Im Tagesablauf folgt scheinbar eine Stresssituation der nächsten. Dabei ist es egal in welchem Lebensbereich wir uns befinden – denn was zählt ist die persönliche Stresstoleranz sowie das persönliche Empfinden und Bewerten bestimmter Situationen. Manchmal sind wir jedoch so an diese alltäglichen, stressigen Abläufe gewohnt, dass wir sie gar nicht mehr als solche erkennen. Und trotzdem stressen sie uns im Unterbewusstsein, ohne dass wir dies achtsam wahrnehmen. Ein schleichender Prozess mit negativen Folgen hat begonnen.

Unsere Leistungs- und Lebensgewohnheiten verlangen uns im Alltag viel ab. Wir achten auf ständige Aktionsfähigkeit und Erreichbarkeit, recyceln die verbrauchte Energie aber nur unbefriedigend. Diese mangelnde Balance des Kräftehaushalts sorgt für starken Verschleiß und reduziert auf Dauer gesehen unser Leistungsvermögen.

Bei Schlafmangel & Daueranspannung

Auf Grund dieser Tatsachen steht das „Moderne System Mensch“ unter einem permanentem Hochdruck – ohne jedoch durch Schlaf, Sport, Ausgleich und Erholung immer wieder ausreichend ins Gleichgewicht zu kommen. Schlimmer noch – sind wir über eine zu lange Zeit Schlafmangel und Daueranspannungausgesetzt, setzt ein automatisches Schutzprogramm unseres Körpers ein. Dieses will uns in Stresssituation kurzfristig schützen und ein Überleben sichern – ist jedoch nicht auf langzeitige Stressphasen eingestellt. Hier hinkt die Evolution wohl noch etwas hinterher.

Wie wirkt sich Stress auf den Körper aus?

So schütten wir in Stresssituationen unter anderem das Hormon Cortisol aus, welches ursprünglich dazu beitragen sollte, dass mögliche Gewebsschädigungen im Körper schneller heilen können. Doch als langfristige Dosis trägt es auch dazu bei, dass Fettzellen schneller eingelagert werden und sich fasziale Strukturen im Körper „verkleben“. Muskuläre Probleme, Verspannungskopfschmerz und die Tendenz schneller Fett einzulagern nehmen zu.

Die Nebennierenrinde setzt Adrenalin, Noradrenalin und steroide Stresshormone frei. Sie führen zu einer kurzfristigen Erhöhung der Belastbarkeit unseres Systems. Der Puls erhöht sich, der Herzmuskel sowie die gesamte Skelettmuskulatur werden besser durchblutet und die Leber setzt mehr Zucker für die Muskulatur frei. Alle vegetativen Funktionen werden hingegen herabgesetzt. So wie die Magen-Darm-Tätigkeit, sexuelle Erregbarkeit und das Wachstum.

Bedeutet natürlich im Umkehrschluss, dass bei lang anhaltender Belastung und einer damit verbundenen, chronischen Erhöhung des Adrenalinspiegels schwerwiegende Störungen des vegetativen Systems auftreten können. Der Kräftehaushalt des Menschen ist also ursprünglich darauf angelegt, bei Stress starke Energien zu mobilisieren, um Probleme oder Gefahren durch Flucht oder Angriff zu lösen.

Danach benötigen wir eine Erholungsphase, damit das psychophysiologische System regenerieren und seine volle Leistungsfähigkeit wiedergewinnen kann.
Die stressintensiven Bedingungen der modernen Zivilisation, in welcher wir permanent mit Input befeuert werden, haben diese Mechanismen gestört.

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